Eine Stadt für 100.000 syrische Flüchtlinge, aus dem staubigen Wüstenboden gestampft: Heute eröffnet in Jordanien Camp Asrak. Die Menschen dort mit Wasser zu versorgen, stellt eine Riesenherausforderung dar.
Wasser, Nahrung, Unterkunft – Menschen mit diesen Grundangeboten zu versorgen, ist für Hilfsorganisationen wie World Vision in Notsituationen die erste Aufgabe. In einer Gegend jedoch, in der die durchschnittliche Regenmenge pro Jahr gerade mal in eine Kaffeetasse passt (220 Milliliter), ist es eine besondere Herausforderung, Flüchtlinge mit Wasser zum Trinken, Kochen, Waschen und für die persönliche Hygiene zu beliefern.
Camp Asrak liegt 100 Kilometer östlich der jordanischen Hauptstadt Amman, mitten in der Wüste. Der Bau des Camps war notwendig geworden, weil das Flüchtlingscamp Zataari in Nordjordanien mit mehr als 100.000 Bewohnern an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Täglich retten sich derzeit bis zu 600 Menschen über die Grenze von Syrien in das Nachbarland. Viele von ihnen kommen erschöpft und traumatisiert an und haben Verwandte und allen Besitz verloren.

Traurig, aber sicher: Die ersten Flüchtlinge sind in Asrak eingetroffen (Foto: Robert Neufeld, World Vision)
„Wir Hilfsorganisationen haben bei der Planung von Asrak Lehren aus Zataari gezogen und Einiges anders gemacht“, sagt Steffen Horstmeier, Koordinator für Humanitäre Hilfe, der den Aufbau für World Vision geleitet hat. Zwar sind die Häuser aus Wellblech, aber solide konstruiert und gut durchlüftet. Drei Familien teilen sich eine Sanitäranlage. Das Camp ist breitflächig angelegt und in „Dörfer“ für jeweils bis zu 15.000 Menschen aufgeteilt. Jedes Dorf verfügt über ein Gemeinschaftszentrum und Spielplätze, zwei Dörfer teilen sich eine Schule. „Wir versuchen Menschen, die aus einer Ortschaft geflüchtet sind, wieder gemeinsam unterzubringen und hoffen, dass sich in den Dörfern einigermaßen stabile Gemeinschaften entwickeln“, sagt Horstmeier. Die Bewohner erhalten Gutschriften, so genannte Cash Checks, mit denen sie eigenständig im Supermarkt einkaufen können.
World Vision hat beim Aufbau von Asrak die Aufgabe übernommen, Wasser für bis zu 30.000 syrische Flüchtlinge zu stellen. Um das zu bewerkstelligen, arbeitetet die Organisation vor Ort eng mit lokalen Partnern und anderen Hilfsorganisationen zusammen. Acht große Wassertanks wurden gebaut. Jeder fasst rund 95.000 Liter Wasser, das aus nahegelegenen Wasserquellen mit Tanklastern geliefert wird. Mehr als 12 Kilometer Leitungen wurden verlegt, damit das Wasser aus diesen Tanks zu 156 Wasserstationen gelangt. Keine Flüchtlingsfamilie muss von ihrer Unterkunft mehr als 250 Meter zu einer Zapfsäule laufen.
Margarettha Siregerar, die für World Vision die Wasser- und Sanitärsysteme in Asrak verantwortet, versichert, dass jeder Flüchtling täglich rund 30 Liter Wasser zur Verfügung hat. Das hört sich viel an. Doch Siregerar weist darauf hin, dass zum Beispiel der durchschnittliche Nordamerikaner täglich zwischen 300 und 400 Liter Wasser für seine eigenen Bedürfnisse verbraucht. 30 Liter sind also wenig, auch angesichts des extremen Klimas in Asrak, wo die Temperaturen in den Sommermonaten regelmäßig auf über 40 Grad Celsius klettern.
Für viele Flüchtlinge wird das Leben in der Wüste hart sein. In Syrien fällt generell mehr Regen als hier, und die meisten Syrer sind es gewohnt, zuhause fließendes Wasser zu haben. Jetzt müssen sie sich Latrinen und Waschanlagen mit anderen Familien teilen.
An der Wasserversorgung wird gearbeitet. Soldaten der US-Armee haben, unterstützt durch Nichtregierungsorganisationen, damit begonnen, Löcher außerhalb des Camps zu bohren, auf der Suche nach weiteren Wasserdepots in der Tiefe. Sie zu erschließen ist wichtig, damit auch dauerhaft genügend Wasser vorhanden ist und weniger davon mit Tanklastern herangefahren werden muss. World Vision und andere Organisationen werden die Bewohner beraten, wie sorgsam mit Wasser umgegangen werden kann.
Für Margarettha Sireregar ist der Aufbau von Asrak eine einmalige berufliche Chance – doch nach vier Monaten in Jordanien und vielen Begegnungen mit syrischen Flüchtlingskindern und ihren Familien gibt es auch andere Motivationen: „Wenn du es mit einem Tsunami oder einem Erdbeben zu tun hast, weißt du: Irgendwann können die Menschen wieder nach Hause zurückkehren und sich ihr Leben aufbauen“, sagt sie. “In diesem Fall aber haben die Menschen keinen blassen Schimmer, wann der Konflikt vorbei ist und wann sie heimkehren können. Ihnen zu helfen, besonders den Kindern, spornt mich an. Es geht darum, ihnen das Leben ein bisschen erträglicher zu machen.”
Hier, in dieser Ecke der Wüste, arbeitet World Vision, genau daran: Das Leben ein bisschen erträglicher zu machen für Tausende von Syrern, die ungewollt ein Leben in einem anderen Land meistern müssen.
Der Autor, Robert Neufeld, berichtet für World Vision aus dem Nahen Osten.
World Vision bittet dringend um Spenden, um den Flüchtlingen aus Syrien helfen zu können. Hier findet Ihr weitere Infos dazu.